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RailCampus OWL setzt wichtige Impulse für automatisierten Schienenverkehr auf Wissenschaftsforum in Duisburg

Unter dem Motto „Solving Conflicts on the Way to Sustainable Mobility“ kamen auf dem diesjährigen Wissenschaftsforum Mobilität in Duisburg rund 400 hundert Expert:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen. Der RailCampus OWL war über enableATO und das IFE mit zwei wissenschaftlichen Vorträgen sowie zwei Posterbeiträgen prominent vertreten und gab damit wichtige Impulse für die Zukunft des automatisierten Schienenverkehrs. Die Konferenz in Duisburg wurde vom Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre & Internationales Automobilmanagement der Universität Duisburg-Essen organisiert.

In der ersten Session (10:30-12:00) präsentierte Raphael Hanselle stellvertretend für das Team um Prof. Dr.-Ing. Rainer Rasche und Maximilian Lammersen von der TH OWL im Track 4 „IT and Services for Mobility“ das Framework für das Testen von automatisierten Schienenfahrzeugen als zweiten von vier Vorträgen der Session. Der Beitrag zeigte auf, wie modulare Testarchitekturen helfen können, automatisierte Bahnkonzepte effizienter zu entwickeln und zu validieren. Es ist ein zentrales Thema des RailCampus-Projekts enableATO des Deutschen Zentrums für Mobilität der Zukunft (DZM) in Minden. In dem Forschungsprojekt werden automatisierte Fahrzeuge wie MONOCAB oder das Zweiwegefahrzeug aus dem Projekt AuToRail OWL eingesetzt.

Zusätzlich erklärte Omar Gamal, der unter der Leitung von Prof. Dr.‑Ing. Ulrich Büker forscht, die Nutzung synthetischer Daten zur verbesserten Generalisierung von Systemen für den autonomen Zugbetrieb (Titel: Autonomous Train Operation – Emerging Trends and Strategies for Enhancing Real-World Generalization with Synthetic Data). Das Thema bildete den ersten von fünf Vorträgen in der zweiten Session (12:30-14:00) des Track 4. Beide Beiträge unterstrichen die Relevanz datengetriebener Methoden für die Entwicklung zukunftsfähiger Bahnkonzepte.

Wissen sichtbar machen: Posterbeiträge im Knowledge Café

Ergänzt wurden die Vorträge durch zwei Posterbeiträge mit Projektbezug im Knowledge Café, das gezielt zur Vertiefung von Gesprächen mit interessierten Fachbesucher:innen genutzt wurde. Dabei kam Jana Dreischalück, als wissenschaftliche Mitarbeiterin der HSBI an der Akzeptanzforschung in dem enableATO-Projekt beteiligt, zu einem konstruktiven Austausch mit den Teilnehmern in den Fragerunden im Anschluss an die Vorträge. Ihr Poster unter dem Titel „Akzeptanzforschung autonomer Schienenfahrzeuge für den ländlichen Raum“ zeigte erste richtungsweisende Einblicke aus den Nutzerbefragungen und skizzierte die nächsten Schritte der verhaltenswissenschaftlichen Forschung im Rahmen des technikgetriebenen Projekts.

Nicht weit vom enableATO-Poster entfernt präsentierte sich ein vertrauter Sparringspartner aus dem Institut für Energieforschung (iFE) der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL), vertreten durch Hauke Hering und Guido Langer. In dem Posterbeitrag „Aufbau einer Forschungsinfrastruktur für Mobilität im ländlichen Raum“ wurden drei Lösungsansätze für dieses Zielvorhaben vorgestellt – darunter auch das im Projekt enableATO erforschte MONOCAB.

Treffen mit Partnern aus dem DZM-Verbund

Die enableATO-Teilnehmer trafen sich in Duisburg mit Partnern aus dem DZM-Verbund. Im Track 5 hielt in der Session „Bewertung nachhaltiger Mobilität“ Prof. Dr. Uwe Götze (Standortleiter DZM Standort Annaberg-Buchholz, TU Chemnitz) einen Vortrag zum Thema „Indikatorbasierte Nachhaltigkeitsbewertung ‑ Herausforderungen bei der Anwendung auf Mobilitätsangebote im ländlichen Raum“. Er war auch eingeladen den Track 5 in der abschließenden Podiumsdiskussion zusammenzufassen.

Anschließend an den Vortrag von Raphael Hanselle in Track 4, war Clara Aulich mit „MobileCity für Europa“ an der Reihe. Mit Ihrem Team der Fraunhofer ISI ist sie am Karlsruher Projekt C2C Bridge beteiligt. Parallel stellte in Track 3 „Urban Mobility“ Dr. Dorien Duffner‑Korbee aus dem gleichen Team Strategien für verkehrsreduzierte Städte vor.

Der Fokus des Wissenschaftsymposiums

Den Auftakt des 17. Wissenschaftssymposiums in Duisburg bildete das Spannungsfeld zwischen technologischem Fortschritt, gesellschaftlicher Akzeptanz und politischen Rahmenbedingungen.

In der Begrüßung richtete Prof. Dr. Barbara Albert, Rektorin der Universität Duisburg-Essen, den Begriff der Ambiguität in den Mittelpunkt. Sie beschrieb die Transformation der Mobilität als vielschichtigen Aushandlungsprozess, der technische Innovationen in gesellschaftlich tragfähige Kontexte einbetten müsse. Der Schlüssel: bei „anspruchsvollen gesellschaftlichen Transformationsfragen […] Technische Innovationen in ein Netz der Akzeptanz einweben“.

Prof. Dr. Kienle, als Vertreterin des NRW-Wissenschaftsministeriums, betonte die Bedeutung von Mobilität als Standortfaktor. Das Wissenschaftsforum bilde den „Schulterschluss“ zwischen Forschung, Praxis und politischen Rahmenbedingungen. Sie verwies auf die strategischen Ziele der Landesregierung: klimafreundliche Technologien, ÖPNV-Ausbau und Stärkung der Radverkehrsinfrastruktur. Der Austausch in Duisburg diene dabei auch der gezielten Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in den MINT-Fächern.

Den visionären Kontrapunkt setzte Zukunftsforscher Lars Thomsen. Er forderte dazu auf, Utopien zuzulassen, um den Status quo zu hinterfragen, und plädierte für ein Denken „über Systemgrenzen hinweg“ – auch die systemisch definierten Grenzen der Einzeldisziplinen. Innovation müsse als Einladung verstanden werden – angenommen werde sie nur dann, wenn sie das Leben spürbar verbessere. Die nächsten fünf Jahre seien entscheidend, insbesondere unter dem Einfluss von KI, die er als „symbiotische Intelligenz“ im Zusammenspiel mit menschlichem Urteilsvermögen sehen möchte.

Bei der Podiumsdiskussion nutzte die Moderatorin, Prof. Dr. Margret Borchert, MUT als Akronym für das richtige Mindset, (mutiges) Unternehmertum und Technologieoffenheit. Dazu stellten die vier Diskutanten jeweils ihre eigene Perspektive dar: der Makroökonom Prof. Dr. Michael Roos beschrieb einen deutschen Mobilitätsmarkt, der bekanntermaßen und problematischerweise autozentriert und individualisiert ist. Es brauche politischen Mut für richtige Push und Pull Faktoren, nachdem die Synergie von Lobby und Politik die Autoindustrie bislang ausbremst.

Zukunftsforscher Lars Thomsen betonte, dass Partikularinteressen aktuell zu stark vertreten sind. Auch er kritisierte die Lobby und wünscht sich eine übergeordnete Denkfabrik für visionäre Ideen in Deutschland.

Utz Rachner, Country Manager Germany, SAIC MAXUS Europe SARL (eine Automarke aus der Volksrepublik China), versuchte die Perspektive der Autoindustrie zu skizzieren, insbesondere hinsichtlich der Elektrifizierung. Er benannte ein Austarieren zwischen bereits chinesischen Fahrzeugen, die bereits gut skaliert sind, und der EU-Konkurrenz. Das stärkere Problem sieht er jedoch in der Energieversorgung im Land und damit in der Attraktivität des Angebots, vor allem bei großen Reichweiten. Er wünscht sich Flexibilität in der Technologie für die ebenso flexiblen Bedarfe.

Roland Werner von Uber betonte die Rolle smarter Plattformen in der zukünftigen Mobilitätslandschaft. Das Smartphone sei zum „neuen Auto“ geworden – im Sinne individueller, vernetzter Mobilitätsangebote und auch in der Verteilung finanzieller Ressourcen im Privathaushalt. Gleichzeitig wies er auf regulatorische Hürden hin, die Innovation in Deutschland ausbremsen. Neue Instrumente seien gefragt – etwa zur Kombination von Mobilität und Logistik, wie am Beispiel der Uber-Partnerschaften mit dem Einzelhandel deutlich wurde.

Podiumsdiskussion zum Abschluss

In der abschließenden Podiumsdiskussion, die von Gregor Soller moderiert wurde, wurden die fünf unterschiedlichen Sichtweisen auf nachhaltige Mobilität herausgearbeitet.

Prof. Dr. Helena Wisbert (Ostfalia Hochschule Wolfsburg) erklärt, dass im Mobility Management die ökonomische Perspektive sehr zentral diskutiert wurde, man gleichzeitig dazu aber auch den Mehrwert der effizienten Ressourcennutzung in einer Circular Economy für monetäre Ziele erkennt

Prof. Dr.‑Ing. Benedikt Schmülling (Uni Wuppertal) erlebte im Track Mobility Engineering die erwartbare Technik Zentrierung auf mögliche Lösungen im Mobilitätsangebot.

Prof. Dr. Jens S. Dangschat (TU Wien) legte für den Bereich der Urban Mobility einen starken Fokus auf die soziale Nachhaltigkeitsfacette, die er mit Rebound Effekten und Umsetzungsdefiziten, sowie fehlendem politischen Willen untermauerte.

Prof. Dr. Pedro J. Marrón (Uni Duisburg-Essen) grenzte zu seinem Vorredner den Bereich IT and Services for Mobility ab, in dem datengetriebene Testmöglichkeiten deutlich mehr „trial and error“ erlauben. Er plädierte zurückkehrend auf den Track 2 auch dafür, dass technologiegetriebenes Denken auch den entscheidenden Schritt on die nächste Generation erst anstößt.

Prof. Dr. Prof. h. c. Uwe Götze (TU Chemnitz) fasste anschließend die Ergebnisse des Track Competition and Support for Mobility zusammen. Die Diskussionen im Track aber auch auf der Bühne zeigten, dass Entscheidungsunterstützung oftmals nur ein Teilbereich in der Mobilitätsplanung und -forschung ist und die häufig fokussierte Ökonomie die andere Säule der Nachhaltigkeit vernachlässigt. Dazu regte er an, dass auch die Nachhaltigkeitsbewertung in Unternehmen und Projekten idealerweise nicht in den Teilbereichen getrennt und in der Regel mit Datendoppelerfassung gegliedert ist, sondern eine gleichzeitige Betrachtung der Perspektiven besser zum Ziel führt.

Bilder:

Raphael Hanselle (TH OWL) während seiner Präsentation „Framework für das Testen von automatisierten Schienenfahrzeugen“.

Jana Dreischalück (HSBI) bei Ihrem Posterbeitrag „Akzeptanzforschung autonomer Schienenfahrzeuge für den ländlichen Raum“.


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